Novize

Ordensregeln im Mittelalter und heute.

Dem Kloster oblag im Mittelalter – in seinem Einzugsbereich – nicht allein die Pflicht, ein geistlicher, religiöser Stützpunkt des Glaubens zu sein, nein, das Kloster war – zu viel größerem Anteil – Bestandteil der weltlichen Gesellschaft: Es war Teil des Feudalsystems, nämlich als Lehnsherr für die Bauern und gleichzeitig Lehnsnehmer von der Kirche oder dem König. Das Kloster kümmerte sich um Kranke (Klosterapotheke), gab Reisenden Unterkunft, verlieh Gelder wie heute eine Bank, gab Sicherheit für das Alter, betrieb Handwerk, Landwirtschaft und Handel, oftmals auch eine Klosterschule. In vielen Klöstern gab es eine „Verweltlichung“. Ein Eintritt in ein Kloster hatte nicht immer religiösen Gründen erfolgte, sondern er wurde aus den weltlichen Motiven der Bereicherung (z.B. von Adelsfamilien im Mittelalter) und der sozialen Versorgung (z.B. von nicht erbberechtigten Bauernkindern, die keine wirtschaftliche Grundlage für die eigene Familiengründung hatten) getan. Da die religiösen Motive so bei einer großen Anzahl von Mönchen, oftmals auch beim Klostervorsteher, dem Abt, fehlte, wurde das gesamten Kloster oft verweltlicht. Dennoch: Klöster waren die Bewahrer der Kultur und Zentren der Bildung. Kulturelle Arbeiten wurden ausschließlich in Klöstern gefertigt, etwa Kopien alter Bücher. Es wurden Kunst- und Kulturgüter geschaffen. Zu nennen sind etwa die Reichskleinodien des Heiligen Römischen Reiches. Die Klöster praktizierten Landwirtschaft, Pflanzenzucht, sie entwickelten Kräuter- und Heilkunde und gaben sie an die umgebende Bevölkerung weiter. Das Kloster war somit im Mittelalter ein bedeutendes Entwicklungszentrum. Weitschauende Landesherren sahen diese Bedeutung und gründeten viele Klöster. Sie statteten sie mit weitreichenden Ländereien aus, oft in unterentwickelten Gegenden. Die Klöster wurden deshalb auch Stifte genannt (vom Landesherrn gestiftet).

Vor allem: Gott, den Herrn, lieben mit ganzem Herzen, ganzer Seele und mit ganzer Kraft. Ebenso: Den Nächsten lieben wie sich selbst. Dann: Nicht töten. […] Nicht stehlen. Nicht begehren. Nicht falsch aussagen. Alle Menschen ehren. Und keinem anderen antun, was man selbst nicht erleiden möchte. Sich selbst verleugnen, um Christus zu folgen. Den Leib in Zucht nehmen. Sich Genüssen nicht hingeben. […] Den Zorn nicht zur Tat werden lassen. Der Rachsucht nicht einen Augenblick nachgeben. Keine Arglist im Herzen tragen. Nicht unaufrichtig Frieden schließen. Von der Liebe nicht lassen. Nicht schwören um nicht falsch zu schwören. Die Wahrheit mit Herz und Mund bekennen. Nicht Böses mit Bösem vergelten. Nicht Unrecht tun, vielmehr erlittenes geduldig ertragen. […] Nicht Stolz sein, nicht trunksüchtig, nicht gefräßig, nicht schlafsüchtig, nicht faul sein. Nicht murren. Nicht verleumden. […] Gottes Weisungen täglich durch die Tat erfüllen. Die Keuschheit lieben. Niemanden hassen. Nicht eifersüchtig sein. Nicht aus Neid handeln.  Streit nicht lieben. […]

Quelle: Benediktinerregel auf Kloster-Ettal.de

Diese Regel besteht nun fast seit 1400 Jahren und hat sich nicht wesentlich geändert. Auch die Gebetszeiten haben sich nicht grundlegend geändert, sind sie jedoch regional verschieden und auf die Aufgaben des Ordensmannes/frauen abgestimmt.

Der Mönch als Individuum war praktisch im Mittelalter nicht vorhanden, es galten strenge Regeln, nicht nur was die Gebetszeiten anbelangte. Hier ein Auszug der dazugehörigen Benediktinerregel:

Kapitel 28: Die Unverbesserlichen
Wenn ein Bruder öfter für ein Vergehen zurechtgewiesen und wenn er sogar ausgeschlossen wurde, sich aber nicht gebessert hat, verschärfe man die Strafe, das heißt, er erhalte noch Rutenschläge.
Wenn er sich aber auch so nicht bessert oder wenn er gar, was ferne sei, stolz und überheblich sein Verhalten verteidigen will, dann handle der Abt wie ein weiser Arzt.
Er wende zuerst lindernde Umschläge und Salben der Ermahnung an, dann die Arzneien der Heiligen Schrift und schließlich wie ein Brenneisen Ausschließung und Rutenschläge.
Wenn er dann sieht, dass seine Mühe kein Erfolg hat, greife er zu dem, was noch stärker wirkt: Er und alle Brüder beten für den kranken Bruder,
da der Herr, der alles vermag, ihn die Heilung schenkt.
Wenn er sich aber auch so nicht heilen lässt, dann erst setze der Abt das Messer zum Abschneiden an. Es gelte was der Apostel sagt: „Schafft den Übeltäter weg aus eurer Mitte.“ (1Kor 5,13)
Und an anderer Stelle: Wenn der Ungläubige gehen will, soll er gehen.“ (1Kor7,15)
Ein räudiges Schaf soll nicht die ganze Herde anstecken.

Kapitel 29: Die Wiederaufnahme von Brüdern
Es kann sein, dass ein Bruder eigenmächtig das Kloster verlässt und später wieder zurückkehren will.
In diesem Fall verspreche er zuerst gründliche Besserung von dem Fehlverhalten, das zum Austritt geführt hat.
Danach werde er aufgenommen, aber als letzter eingereiht; dadurch wird seine Demut geprüft.
Wenn er wieder austritt, werde er noch zweimal in dieser Weise aufgenommen. Er muss aber wissen, dass es danach keine Rückkehr mehr gibt.


Kapitel 30: Die Strafe bei Mangel an Einsicht
Nach Alter und Einsicht muss es unterschiedliche Maßstäbe geben.
Daher gelte: Knaben und Jugendliche oder andere, die nicht recht einsehen können, was die Ausschließung als Strafe bedeutet,
sollen für Verfehlungen mit strengem Fasten oder mit kräftigen Rutenschlägen bestraft werden. Sie sollen dadurch geheilt werden.

Soviel mal dazu. Im Großem und Ganzen kann man sagen, dass es kein Zuckerschlecken war als Mönch im Mittelalter,

Heute sind die Strafen nicht mehr ganz so drakonisch und die Regeln, die Bestrafungen nach sich ziehen gibt es zwar noch, sind aber eher symbolischer Natur zuzuordnen. Was die Gebetszeiten anbelangt hat sich nicht viel geändert:

Die Regel selbst schreibt acht Gebetszeiten (VigilLaudesPrimTerzSextNonVesper und Komplet) vor. Innerhalb einer Woche sollen alle 150 Psalmen des Alten Testamentes gebetet oder gesungen werden. Das geht als von mitten in der Nacht und über den Tag verteilt, zusätzlich zu einer hl. Messe täglich. Natürlich kann man heute, da Ackerbau und Viehzucht, sowie das handschriftliche kopieren von Büchern weitestgehendst in den Hintergrund geraten ist, nicht unbedingt an den vielen Gebetszeiten teilnehmen. Man holt dieses im stillem Gebet nach und versucht trotzdem seine Arbeit zu verrichten.

Mein Leben im Kloster

Ich habe mich in jungen Jahren schon für das Klosterleben interessiert. Da war ich gerade 12. Und weil das zu jung war, wurde ich Messdiener und atmete den Geruch von sehr alten Gemäuern ein. Da ich einige Patres kennen lernen durfte, hatte ich in meiner Jugendzeit auch Zutritt zu Orten, die den Touristen und Gästen des Klosters verwehrt blieben. Im Laufe der Jahre kannte ich jeden Winkel, jede geheime Treppe, jeden verwunschenen Ort in dem 700 Jahre altem Klostergemäuer. Kurzum, ich trat nach meiner Ausbildung in den Orden der Salvatorianer ein. Das geht natürlich nicht einfach so. Man kann da nicht einfach aufkreuzen mit einem: „Hallo, hier bin ich und ich mach jetzt mit!“ Nein, man schreibt seine Bewegründe auf und bewirbt sich um die Aufnahme als Kandidat. Das tat ich und die Ordensgemeinschaft, das Kapitel, stimmten zu. Allerdings musste ich meine Heimat verlassen und nach Münster zu der dortigen Gemeinschaft ziehen. Ein Jahr verging, in welchem ich theologische Vorlesungen besuchte, hauseigenen Unterricht bekam und auch sonst gut ausgebildet wurde im Sinne des Gründers P. Franziskus Jordan. By the way, ich hatte immer noch mein eigenes Konto, Hab und Gut. Ich ging vormittags einer bezahlten Arbeit nach und am Nachmittag nahm ich am Klosterleben teil. Mit allen Aufgaben und Pflichten, wie die anderen auch. Wieder wurde die Gemeinschaft gefragt ob ich als Novize geeignet bin. Wieder stimmten sie in geheimer Wahl für : JA. Und so ging es dann nach Passau in das Ausbildungshaus. Ein geregelter Tagesablauf gemäß der Regel. Nur nachts brauchten wir nicht zum Gebet aus dem Bett. Die Gebetszeiten beschränkten sich auf die Laudes, Mittagsgebet und die Vesper. Und jeden Tag eine Meditation für die Novizen. Zwischendurch Unterricht und Studium. Und Arbeit in der klostereigenen Obstplantage.
Mein Konto war eingefroren und ich brauchte auch nichts an den Orden bezahlen. Wir bekamen ein Handgeld, ich glaube es waren 20 DM im Monat. Mehr brauchten wir auch nicht. Wofür auch? Die Dinge des täglichen Bedarfs, (Seife, Zahnbürsten,etc) und Kost wurde vom Orden gestellt, Kranken- und Rentenversicherung weiter bezahlt. Selbst die Raucher wurden bedacht. alles in allem beileibe kein Leben im Luxus, aber das ist auch nicht Sinn der Sache. Mein Zimmer bestand aus einem Tisch, einem Bett, einem Kleiderschrank und einem Waschbecken. Duschen waren auf dem Gang. Ende. Kein Luxus. Aber einen wunderschönen Blick vom Klosterberg auf Passau hinab. Den werde ich nicht vergessen.
Das Essen war einfach aber gut. Gelernt habe ich nicht nur das theologische Einmaleins, sonder auch das Singen. Gregorianische Choralgesänge. Tolle Sache.

Tja, wie das Leben so spielt, ich habe mich in ein Mädchen verliebt und musste den Orden verlassen. Das ist halt so, so sind die Spielregeln. Diese Beziehung, wenn es überhaupt eine war, hielt genau zwei Wochen nach meinem Austritt an und ich musste mir einen Job suchen. Da fingen dann meine Schiffsreisen an.

So, ich hoffe Euch einen kleinen Einblick in das Klosterleben gewährt zu haben. Eines möchte ich noch sagen. Begenet Ihr eine Nonne, einem Pater oder Frater, einem Ordensmann/frau jedwelcher Religion, achtet sie. Sie tun mit ihrem Leben etwas Gutes. Vielleicht im Augenblick nicht für Euch, dann für jemanden anderes ohne Gegenleistung zu erwarten. Es spielt keine Rolle ob er/sie die Armenküche versorgt, sich um Kleiderspenden kümmert, Seelsorger ist, Notfallrettungsassistent ist, Lehrer an der Schule ist, in der Krankenpflege arbeitet oder als Professor an der Uni lehrt. Jeder hat seine Aufgabe in einer Glaubensgemeinschaft/Orden. Und jede einzelne Aufgabe ergibt ein Ganzes.

Ein Abschlusswort zum Thema Reichtum und Kirche.

Bitte unterscheidet zwischen Amtskirche und Ordenskirche. Wer meinen Artikel tatsächlich gelesen hat weiß woher die Amtskirche und die Klöster ihren Reichtum haben. Ja, es gibt viele Orden, die sich wenig Sorgen um Finanzen machen müssen. Bis jetzt. Das hat mehrere Gründe. Erstens, die Nachwuchssorgen. In unserer Gesellschaft ist es nicht mehr unbedingt en vouge ins Kloster einzutreten. Folglich schwinden die Mitgliederzahlen erschrecken schnell. Demzufolge müssen für bestimmte Aufgaben externe weltliche Mitarbeiter eingestellt werden, die im Gegensatz zu Ordensleuten bezahlt werden wollen. Zweitens, die Klöster als Bauwerk sind nur mit sehr viel Geld zu erhalten. Denkmalschutz, Sicherheit und Restaurierungen und Reparaturen an solchen Gebäuden sind sehr teuer und gehen in die Millionen, die manche Orden alleine nicht stemmen können. So ist es heute schon so, am Beispiel Kloster Steinfeld, dass sich Investoren darauf spezialisiert haben die Klostergebäude zu kaufen und zu vermarkten. Im Gegenzug dafür haben die Ordensleute lebenslanges Wohnrecht und freie Nutzung der Gebäude. Das hat zwar den Vorteil, dass die Ordensleute ein Wohnheim haben, ihren Aufgaben weiterhin nachkommen können, die Gebäudefinanzen vom Hals haben aber mit der klösterlichen Stille und Einkehr ist es vorbei. Vielleicht schreibe ich irgendwann mal einen Extraartikel.

Man sieht also: Reichtum, angehäuft, kann auch zurückschlagen. Jeder kennt es: Gebäude, die nicht bewohnt sind kosten Geld. Geld was die Ordensleute nicht mehr erwirtschaften können.

Danke für´s Lesen und Eure Geduld es bis hierher geschafft zu haben.

Herzlichst

Freric

Views: 183

Posted by lovefeet1973 in Allgemein, Unterwegs, 0 comments