Mutter

Kinderheim, (k)ein Alptraum…. Teil 1 by @freric1973

Kinderheim, (k)ein Alptraum…. Teil 1 by @freric1973

Kinderheim… Teil 1

Das hört sich erst einmal ziemlich brutal an. Wenn ich manchmal überlastete Eltern sagen höre:“ Benimm Dich und sei ruhig, sonst stecke ich Dich ins Heim, möchtest Du das?“ impliziert bei mir diese „Drohung“ zumindest, dass man dem Kind schon ein paar Horrorstories erzählt hat und droht außerdem mit Liebesentzug – da die Eltern ja nicht ins Heim sollen, sondern der ungezogene Nachwuchs. Für ein Kind ist die Vorstellung alleine schon ziemlich erschreckend und brutal, ja einschüchternd. Ich hätte nie geglaubt, dass meine Eltern diesen Schritt gehen würden, dabei sei gesagt, dass meine Mutter mit 4 Kindern, davon ein adoptiertes (ich) ziemlich überfordert war. Vielleicht erzähle ich an anderer Stelle wie es mir dort erging. Soviel sei gesagt: Es ging mir nicht gut dort. Mein Vater packte mich ins Auto und ab ging die Luzzie. Ich landete in einem Heim für „schwer erziehbare Knaben“. Ein von Nonnen geführtes, mit Zivilpersonal aufgefülltes Kinderheim unter der Trägerschaft des Landschaftsverbandes Rheinland und der Caritas. Nun darf ich freudigerweise berichten, dass ich nicht auf dem riesengroßen Gelände des eigentlichen Heimes mit 14 Gruppen á 12 Jungen untergebracht wurde. Ich wurde einer Außenwohngruppe zugeteilt in welcher lediglich 6 Jungs untergebracht waren. Es war ein Haus in dessen Anbau die Besitzerin und gleichzeitig die Gruppenleiterin mit ihrem Sohn wohnte. Der Rest des Hauses war für uns. Ich bekam dort ein Einzelzimmer und ich erinnere mich heute (und nicht nur heute) daran, dass meine Zimmertür nicht von außen abgeschlossen wurde. Das war eine völlig neue Erfahrung für mich. Nicht eingesperrt zu werden. Ich ging in den ersten Nächten immer wieder an meine Zimmertür und drückte die Türklinke herunter und öffnete die Tür ein wenig, nur um sicherzugehen, dass die Tür wirklich, ganz wirklich, nicht abgeschlossen war. sie war es nie. Auf die Frage der Gruppenleiterin, welche mir in den ganzen Jahren eine gute Freundin wurde, warum ich das tue und ich ihr mein Herzchen ausschüttete, starrte sie mich ungläubig an, nahm mich in den Arm und musste sich zusammenreissen um nicht zu weinen. Ich weiß es noch wie heute. Einen Tag später hatte ich einen wöchentlichen Dauertermin beim Psychologen. „Na toll“, dachte ich mir und ging, wie mir geheißen wurde, brav dorthin. Der brachte mich nach den ersten Stunden in einen Raum mit lauter Spielsachen. Unter anderem hing da ein echter Boxsack. Er gab mir Handschuhe und übte ein wenig mit mir. Nach ein paar Minuten rief er Bilder in meinem Kopf hervor und meine Schläge auf den Boxsack wurden härter und härter. Ich schrie vor Wut und schlug weiter und weiter. Bis ich weinend auf den Boden sank. Ich konnte nicht mehr. Er tröstete mich und sagte zu mir: „Ich glaube Du hast schon ewig nicht mehr geweint. Du hast es Dir in deinem Kopf einfach verboten, weil es keine Reaktion darauf gab, oder? Denn wenn es keine Reaktion, kein Trösten gibt dann kann man sich das Weinen sowieso schenken und genau das hast Du getan. Aber ab jetzt kannst Du traurig oder fröhlich sein und das eben auch zeigen, denn das ist wichtig… Für jeden, egal wie alt er ist, verstehst Du?“  Ich habe noch Jahre gebraucht um dies zu verstehen und diese Worte begleiten mich auch heute noch.
In dieser Gruppe gab es eben noch 5 andere Jungs, keiner wie der andere, jeder hatte sein verdammtes Päckchen zu tragen, jeder von ihnen hatte seine eigene Vorstellung von einem zu Hause. Es gab keinen, der nicht gehofft hatte wieder nach Hause zu dürfen, weil seine Eltern ihn doch so liebten. Heute weiß ich, dass es nicht der Wunsch war nach Hause zu kommen. Es war der Wunsch nach Geborgenheit, Anerkennung und elterlicher Liebe. Denn genau das hatten wir alle  zu Hause nicht bekommen. Natürlich waren wir keine Engel, lieber Leser und liebe Leserin, wir waren alle das Produkt unseres jeweiligen sozialen Umfeldes. Bekommt man den Umgang mit Geld nicht beigebracht, den Wert von Dingen nicht erklärt dann kann es durchaus passieren, dass das Kind anfängt zu stehlen. Das Erschrecken der Eltern, die sich keiner Schuld bewusst sind, ist dann riesengroß. Das Kind, welches sich in seiner Freizeit selbst überlassen wird, kann durchaus auf die schiefe Bahn geraten und schon in frühen Jahren anfangen zu rauchen, zu saufen oder andere Fehler begehen, da es keinen hat, der es ihm anders gezeigt hätte. Solche Erziehungsfehler schleichen sich ein und sind nur sehr schwer zu korrigieren. Na ja, ich will hier keine Erziehungsratgeber schreiben, es ist lediglich ein Beispiel unter vielen, welches aufzeigt wie man in einem Heim landen kann. Denn in einem Heim landet nur das schwächste Glied in der sozialen Kette und das sind nicht die Eltern oder Großeltern.

Bis hier erst einmal.

Gerne dürft Ihr kommentieren oder Fragen stellen, ich würde mich freuen.

Freric

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Posted by lovefeet1973 in Allgemein, Unterwegs, 0 comments
Wie man in einem Kinderheim landet…

Wie man in einem Kinderheim landet…

Wieder einmal ein Beitrag, fernab von BDSM und Fetisch.

Es gab zu der Zeit, in den 1980er Jahren, zwei Möglichkeiten in einem Kinderheim zu landen. Eigentlich sogar drei. Es gab zum einen die sogenannte Fürsorgeerziehung. Das bedeutete, dass das Jugendamt die Einweisung in ein Kinderheim bei Gericht erwirkte, z. B. wenn die sozialen Skills eines Kindes praktisch nicht vorhanden waren. Gelinde gesagt. Dann gab es Kategorie zwei. Das nannte sich „freiwillige Erziehungshilfe“ und bedeutete, dass überforderte Eltern sich entschlossen das Kind in einem Heim unterzubringe. Kategorie drei, die wahrscheinlich traurigste von allen, das Waisenhaus. Ein Kinderheim für Waisen. Ich gehörte zu Kategorie zwei. Durch meine persönliche Vorgeschichte wurde ich von einem gut situiertem Ehepaar adoptiert. Ein Kind war schon vorhanden, dies war ein leibliches Kind. Um der Menschheit etwas Gutes zu tun, adoptierten sie ein Kind – mich. Ich war noch sehr klein und erinnere mich nicht daran. Ein paar Jahre später bekam meine (Adoptiv-) Mutter noch zwei weitere Kinder und meine Odyssee begann. Es ist nichts Unnormales, wenn die Mutter sich um ihre eigenen Kinder, ihr eigenes Fleisch und Blut, anders kümmert als um eines, welches aus einer anderen Lebenssituation in die Familie aufgenommen wird. Dies habe ich an Leib und Seele mit voller Breitseite erleben dürfen. Und ich rede hier nicht von Kleinigkeiten. Ich habe meine Lebensjahre von 4-10 eingesperrt in einem spartanisch eingerichtetem Zimmer verbracht. Nur zu bestimmten Anlässen durfte ich dieses verlassen. Schule, Kirche und familiäre Feste. Ich konnte somit kein „normales“ Sozialverhalten entwickeln, wurde auffällig in der Schule, obwohl ich sehr gute Noten hatte. Prügel habe ich zu Hause täglich erhalten, als Strafe für etwas was ich angestellt hatte oder vermeintlich angestellt hatte. Mir wurde es egal wofür ich dies kassierte, es passierte unweigerlich. Irgendwann hat Mutter beschlossen, dass entweder sie ihre Familie verlässt oder eben ich. Und was passiert, wenn solche Entscheidungen getroffen werden? Richtig, das schwächste Glied in der sozialen Kette verliert. Also ging ich. Und zwar in ein katholisches Franziskanerinternat, welches mich aufgrund meiner guten Noten unter ihre Fittiche nahm. Prügel kannte ich schon, denn damit geizte dort auch niemand. Dort blieb ich auch nicht lange, mangels meiner Sozialkompetenzen. Ich habe die Klassenkasse mitgehen lassen, mich geprügelt, meine ersten sexuellen Erfahrungen gemacht und mit dem Rauchen angefangen. Ich flog im hohen Bogen raus und ehe ich mich versah landet ich in einem Kinderheim für schwer erziehbare Knaben. 150 Jungs, verschiedenen Alters und Sozialschichten. Aufgeteilt in 12 Gruppen, in welchen geübt wurde, wie es in einer „Familie“ zugehen sollte. Ich hatte wahnsinniges Glück und kam in eine kleine Außenwohngruppe, damals noch ein Pilotprojekt. 6 Jungs, die es schafften aufeinander zu achten und sich zu respektieren. Jeder Bub mit seiner eigenen unschönen Geschichte. Ich bin dort lange geblieben, habe viele Kinder kommen und gehen gesehen. Und was soll ich sagen… Ich prügelte mich nur noch zur Selbstverteidigung, fast gar nicht mehr, nahm Schülersprecherämter an, war im Kinderheimrat, wurde Messdiener und kein Mensch konnte sich erklären, wieso meine Eltern mit mir überfordert waren. Da gab es Menschen, die mich unterstützten, an mich glaubten, mir Zuversicht gaben, mich prägten. Ich habe dort die wohl schönste Zeit meiner Kindheit und Jugend verbracht. Dazu darf ich bemerken, dass ich ein Riesenglück hatte dorthin zu kommen und Menschen um mich hatte, die es gut mit mir meinten. Dafür bin ich sehr dankbar. Diese Zuversicht möchte ich eigentlich gerne vermitteln, jedoch nicht den Anschein erwecken dass ein Kinderheim immer die allerbeste Wahl ist. Es gibt genug Kameraden, die nicht lange nach ihrer Entlassung den Tod gesucht und gefunden haben. Entweder willentlich oder aus Dummheit.

Und trotzdem lässt mich die Geschichte nicht in Ruhe, sonst hätte ich nicht das Bedürfnis heute noch darüber zu schreiben. Es ist halt meine Art irgendwann damit abzuschließen. Wahrscheinlich ist dies erst der Fall, wenn ich vor den Schöpfer trete.

 

In diesem Sinne

 

Freric

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