Schiffsgeschichten Teil 3

Reise, Reise

Landgänge… Ich werde häufig gefragt ob die Crew auch an Land gehen durfte. Und hier die Antwort: Ja….wenn Du keinen Sicherheitsdienst hasttest, Du dienstfrei hattest, wenn Du nicht zu müde warst, da Du Dich zu lange in der Crewbar aufgehalten hast. Dann konnte jeder an Land gehen und sich die Touristenburgen anschauen. Wer schon einmal zum Beispiel 6 Monate lang die kanarischen Inseln abgefahren ist, kennt Fuerte Ventura, Funchal/Madeira (gehört übrigens nicht zu den Kanaren!), und all die anderen Hafenstädte auswendig. Da ging man vielleicht 2 oder dreimal pro Insel an Land und dann ließ man das bleiben. Man ging lieber pennen. Doch was war als wir New York anfuhren? Ich hatte Dienst, konnte also nicht an Land um wenigstens ein paar Fotos zu machen. Da gab es dann die Möglichkeit seinen Dienst zu „verkaufen“. Bedeutet, ein anderer macht Deinen Job und Du bezahltest ihm 200 US Dollar dafür. Für 2,5 Stunden Arbeit ist das kein schlechtes Geschäft!!!
Man stelle sich ein Schiff wie eine Stadt vor. Außer Klopapier, Nahrung und Treibstoff braucht ein Schiff nicht viel. Wasser wird entsalzt, gereinigt und wird zu Trinkwasser, Strom durch Aggregate erzeugt. Feuerwehr ist an Bord, Sicherheitsdienst ebenfalls, Arzt und hübsche Krankenschwestern, Navigator… Alles da.
Ein Filipino auf so einem Schiff verdiente echt nicht viel. Er konnte und durfte sich etwas dazu verdienen. In der Regel waren es Cabinstewards, die auf mich zukamen und mir anboten meine Kabine sauber und in Schuss zu halten. Ein Komplettpaket sozusagen. Für 20 US Dollar die Woche. Es gab jede Woche frische Bettwäsche, jeden Tag ein gemachtes Bett, immer ausreichend Klopapier und die tägliche Bordzeitung auf dem Kopfkissen. Sehr angenehm. Da wir zu zweit auf Kabine waren, zahlte der Kollege auch 20 US Dollar, macht 40. 10 Kabinen hatte ein Filipino höchstens. Das machte für ihn im Monat ca 1600 Dollar. Das war damals das dreifache seiner Heuer. Und das X-fache von dem, was er bei gleicher Leistung zu Hause verdient hätte. So funktionierte das Geldverdienen an Bord. Trinkgelder flossen in der Regel den bedienenden Steward/essen und den Kabinendüsen zu. Außerdem gab es eine Trinkgeldkasse für die unsichtbaren Geister. Hilfsleistungen von Kollegen wurden immer honoriert.
Jetzt möchte ich mal etwas über die Routen erzählen. Es gibt sehr interessante Routen und den sogenannten Schienenverkehr. Schienenverkehr bedeutet, es wurde immer eine bestimmte Reise angeboten, z. B.: 7 Tage kanarische Inseln, also eine Inselrundfahrt. Für die Gäste ein Highlight, für uns bedeutete es jede Woche derselbe Hafen, dieselbe Insel. 6 Monate und mehr. Die interessanten Routen wie z. B.: klassische Ostseereise von Hamburg – Kopenhagen – Stockholm – Tallin – St. Petersburg – Kiel – Hamburg waren auch für uns ein Sternchen. Oder die norwegischen Fjorde bis Geiranger. Oder eine Reise um Spitzbergen herum, früher ein heikles Unterfangen wegen des Packeises, heute wesentlich einfacher aufgrund der Eisschmelze in diesen Gebieten. Eine Fahrt über die Nordwest-Passage war wirklich ein Erlebnis. Zwei Fahrten sind mir besonders in Erinnerung geblieben: Die Kap zu Kap Reise (vom Cape of good hope bis Cape Hoorn) und die Reise in die Antarktis. Das war schon abenteuerlich. Die Antarktis Expedition fing in Cancun, Mexiko an, führte durch den Panamakanal und dann die ganzen Kaffeestaaten nach Süden, um Kap Hoorn herum in den Beaglekanal nach Ushuaia, der südlichsten Stadt der amerikanischen Welt. Dann über die Drake Passage in die antarktische Eiswelt. Wir habe Stürme erlebt, bei denen nicht nur mir der Arsch auf Grundeis ging. Wir haben dort eine Tierwelt gesehen, die seinesgleichen sucht. Wer glaubt in der Antarktis gibt es nur Eis und Pinguine wird dort eines besseren belehrt. Wale, Seelöwen, Seerobben, Pinguine, Massen an Vögel und auch Delphine habe ich dort gesehen. Wir haben die verschiedensten Forschungsstationen besucht, Post verteilt, Geschenke mitgebracht und welche bekommen. Es war eine Riesensache die ich so schnell nicht vergessen werde. Ich habe Menschen kennengelernt, die verschiedensten Nationalitäten. An Bord arbeiten Menschen aus bis zu 24 Nationen. Und es gab keinen Streit zwischen ihnen. Wir waren EINE Crew, EINE Mannschaft und es spielte keine Rolle woher jemand kam. DAS hat mich fasziniert und mir eine Zufriedenheit gegeben. Klar, es war ein harter Job, aber es hat sich gelohnt. Es hat mich geprägt. Und ich liebe Shanties bis heute!

In meinem vorerst letzten Teil der Reise, Reise…Schiffsgedanken in den nächsten Tagen (oder morgen Nacht) wird es um Anekdötchen gehen, lustige Begebenheiten die an Bord passierten und zum Schmunzeln anregen.

Fortsetzung folgt…

Bitte folg mir!

Views: 73

Schreibe einen Kommentar

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.